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Zollboothalle
Friedrichshafen
Schwimmendes Bootshaus

Die alte Bootshalle des Zolls in Friedrichshafen war zu klein für die zwei derzeit genutzten Boote, es fehlten Nebenflächen und ein Außensteg. Eine Renovierung oder ein Umbau schieden wegen des altersbedingten Zustandes der Konstruktion aus.

Die U-förmig angeordneten Schwimmkörper der neuen Halle sind aus 6 mm starkem Stahlblech zusammengesetzt. Die Stahlkonstruktion des Hallenaufbaus ist molenseitig als Vierendeelrahmen und hafenseitig mit Pendelstützen ausgebildet und optimiert so die Pufferung eventueller Havariekräfte und die Anordnung der einzelnen Verkehrsflächen. Der selbstschwimmende Mittelponton teilt die Halle in zwei Liegeplätze und ermöglicht es, Reparaturarbeiten von allen Seiten der Boote aus durchzuführen.

Für die Außenhülle werden aufgrund ihrer Leichtigkeit Kunststoffplattenmaterialien verschiedener Transparenz- und Transluzenzgrade in Kombination mit Trapezprofilen aus Aluminiumblech verwendet. Aus einsatztaktischen Gründen dürfen die Boote von außen nicht sichtbar sein: Einblicksmöglichkeiten von außen müssen daher konsequent verhindert werden, bei gleichzeitiger Erfordernis von optimaler Tageslichtnutzung im Innern. Der Werkstattbereich wird über ein transparentes Dach belichtet, das über eine Rundung in die Fassade der abgetrennten Zugangsrampe übergeht.Über der Dachfläche angeordnete Gitterroste ermöglichen Revision und Reinigung und verringern Blendung und Aufheizen durch die Sonne.Regenwasser wird von innen und außen sichtbar über diese transparenten Flächen in den See abgeführt. An regenerischen Tagen entsteht so ein trocken „begehbarer“ Wasserfall.

Die Verkleidung der Hafenfassade ist transluzent aus mattierten Stegplatten ausgebildet. Die gesamte Halle ist durch in die Fassade integrierte Lüftungsöffnungen sehr gut natürlich belüftet um Kondensatausfall vorzubeugen.

Bei der Konstruktion waren die immer häufiger und extremer auftretenden Niedrigwasserstände des Bodensees zu berücksichtigen. Die alte Halle benötigte, wie bei schwimmenden Bootshallen üblich, Unterwasserbügel zur Verbindung und Stabilisierung der Seitenpontons. Diese Bügel setzten bei Niedrigwasser auf dem unebenen Hafenboden auf, wodurch sich die Halle neigte und dann wegen zu geringer Einfahrtshöhe zeitweise unbenutzbar wurde. Durch die Ausbildung des Tores als Fachwerkrahmen, der die Pontons aussteifend verbindet, können die Unterwasserbügel entfallen: das Aufsetzen bei Niedrigwasser entfällt und eine zukünftige Nutzung auch mit Booten größeren Tiefgangs wird möglich. Der Dreiecksquerschnitt des Fachwerkrahmens benötigt im Vergleich zu einem Rechteckquerschnitt weniger Material und Gewicht, vergrößert das lichte Zufahrtsmaß für komplizierte Einfahrtsmanöver etwa unter Sturmbedingungen und bildet zugleich ein prägnantes Tormotiv.

Die Plattformen im Anschluss an die Zugangsrampe sind so konzipiert, dass sie als addierte Elemente im Laufe der Zeit an andere Schiffslängen und -formen und ergänzende Nutzungen angepasst werden können. Aktuell sind sie als Arbeitsplatz mit Lagerraum im aufgedoppelten Bodenpaket ausgebildet. Diese Konstruktionsprinzipien ermöglichen eine langfristige Nutzung der Halle.

Gestalterisch erhält Friedrichshafen mit der neuen Halle ein neues schwimmendes Wahrzeichen im touristisch stark genutzten Hafen. Das beleuchtete Halleninnere bildet bei Dunkelheit von der Promenade aus einen wirkungsvollen Blickpunkt im Hafenbecken.


Tragwerk: Furche Geiger Zimmermann, Köngen

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